MS Diagnose aus der Sicht meiner Schwester

MS_Diagnose

MS Diagnose: Das sind die Gedanken und Gefühle meiner Schwester Sabine.

 

Sabine: Ich war ja quasi von Anfang an dabei …

MS Diagnose 


1987 (ich war 17, Christine 15) kam ich mittags aus der Schule nach
Hause. Unsere Eltern saßen weinend und völlig verstört im
Esszimmer. Ich dachte, unsere Großmutter sei gestorben, aber es
war die Diagnose MS, die bei meiner Schwester Christine frisch
diagnostiziert worden war.

MS Diagnose → Für meine Eltern brach eine Welt zusammen.

 

Ich habe es damals gar nicht richtig kapiert … was ist denn eigentlich MS, Multiple Sklerose?
Ich recherchierte auf eigene Faust (es gab damals noch kein
Internet), tauschte mich mit Freunden, Bekannten aus und fand
heraus, dass es die Krankheit der 1000 Gesichter ist und man
zwangsläufig im Rollstuhl „landet“. 

 

 

Was aus heutiger Sicht völliger Quatsch ist.

Es kann sein, dass man aufgrund seiner Beeinträchtigungen ein Hilfsmittel nutzt.

Der eine Patient benötigt einen Gehstock, der andere einen Rollator, wiederum ein anderer einen Rollstuhl oder aber im besten Falle braucht man gar kein Hilfsmittel.


Die Jahre vergingen und eigentlich verlief alles ziemlich normal ohne
große Komplikationen. Man sah Christine ihre MS nicht an. Sie war
witzig, spritzig, sportlich und sehr aktiv unterwegs, zusätzlich das
wohlbehütete Küken der Familie.

Wir hatten als Kinder – sowie heute auch noch – viel Spaß, eine
unbeschwerte und schöne Kindheit und Christine hatte mit keinerlei
Einschränkungen zu kämpfen. Die MS wurde damals nicht als
Bedrohung wahrgenommen, da sie ziemlich harmlos und meistens
ruhig war.


Das Blatt wendete sich erst im Jahr 2007.

Unser Vater wurde schwerkrank und starb.

Von dort an hinkte Christine etwas, war kraftlos und oft
müde. Irgendwann fing sie sich wieder, doch als unsere Mutter 2009
starb, brach die Krankheit vollständig aus. Es ging wirklich rapide
und steil bergab, mit ihrem Gesundheitszustand, speziell mit dem
Laufen bzw. Gehen.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als sie aus ihrer ersten Reha
mit einem Rollstuhl nach Berlin kam. Da musste ich wirklich kräftig
schlucken.

Meine kleine Schwester im Rollstuhl.

Wie gemein ist das denn? Kein schönes Bild, aber das sind die Fakten.

Ich glaube, ich hatte ein wenig mehr mit dieser neuen Situation zu kämpfen.
Ich hoffte immer, dass „dieser Kelch“ an uns vorüberzieht. Wie ich
auch jeden Tag denke, ich wache aus diesem Albtraum auf … und es
wird endlich ein Medikament gefunden, was alles wieder rückgängig
macht und sie so wie „früher“ leben kann.
Sie hatte und hat zum Glück auch immer noch Ziele, welche sie
erreichen wollte bzw. will. Sie ist nämlich eine Kämpferin, durch und
durch.


„Deine Christine! Mein altes, neues Leben mit MS.

Da geht noch was!“ lautet der Name ihres Blogs,

dem sie sich zwischenzeitlich verschrieben hat und der anderen Betroffenen Mut macht.

Ansonsten meistert sie ihr Leben bravourös, auch wenn für uns
„Normalos“ immer alles doppelt und dreifach dauert.
Sie hat ihre täglichen Routinen und ist viel gelenkiger als ich. Übung
macht tatsächlich den Meister, sie legt, wie früher eine ziemliche
Disziplin an den Tag und das ist auch wichtig.
Sie ist die beste Schwester der Welt und wir helfen uns gegenseitig,
denn wir sind schon durch schwere Zeiten gegangen, aber natürlich
auch durch richtig gute.


Ich wünsche mir für sie den Stillstand dieser unberechenbaren
Krankheit, dass sie weitermacht und ihre positive Ausstrahlung
behält!

Wir wissen beide nicht, wie überhaupt niemand weiß, wie sich die
Krankheit weiterentwickelt.

Was ich aber weiß … ich werde ihr immer zur Seite stehen und helfen, wenn sie Unterstützung braucht.

 

Denn eines ist klar – die Aufgaben werden nicht einfacher, aber mit
entsprechender Hilfe sind diese vielleicht leichter zu bewältigen.


Alles Gute und einen stillen Verlauf für alle Patienten wünscht die Schwester von Christine,
Sabine

Wer war bei DEINER

MS Diagnose von Anfang an dabei?



Vielen lieben Dank an meine Schwester Sabine und an MS-Begleiter, die diesen Beitrag schon einmal veröffentlicht haben. 

Herzliche Grüße, Deine Christine!

 

 

 

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Da geht noch was...! Immer weiter und wenn es geht nach VORNE! Information, Motivation und eine Menge Spaß.

18 Comments

  • Anonym 1. März 2025 at 17:31 Reply

    Hallo Christine,

    du sprichst mir aus der Seele. Da habt ihr alles bzw. vieles richtig gemacht. Gerade unter den Geschwistern ist Nächstenliebe das höchste Gut.
    Als Ältester von 5 Geschwistern konnte ich mich als Schwerbehinderter ab 5 Jahren stets auf meine Brüder und meine Schwester verlassen. Immer wenn ich nach Hilfe gefragt habe, habe ich sie selbstredend bekommen. Nicht oft musste ich darum bitten. Nichts desto trotz waren Sie immer in meiner Nähe. Dafür bin ich ihnen für mein Leben dankbar. Meine Schwester und zwei Brüder sind in der Zwischenzeit leider schon verstorben.
    „Nichts gibt es, was ewig währt!“
    So ist nun mal der Lauf des Lebens. Mein jüngster Bruder Rolf ist mir noch zur Seite, der mich insbesonders in handwerklichen Dingen unterstützt, wenn‘s drauf ankommt. Und das ist einfach gut.

    Beste Grüße

    Erwin ‚Jacq‘

    • Christine 2. März 2025 at 22:12 Reply

      Lieber Erwin,

      das stimmt allerdings. Klar hat man auch schon einmal Differenzen, aber wenn es darauf ankommt stehen wir zusammen. Das kommt dir bestimmt bekannt vor.
      Ich wünsche euch weiterhin eine schöne, gemeinsame Zeit. Wir können uns glücklich schätzen, so tolle Geschwister zu haben.
      Herzliche Grüße! Deine Christine

  • Heike 1. März 2025 at 1:42 Reply

    Wenn man im dicksten Mist steckt, hat man manchmal Glück. Mein Glück hat Namen und heißt Christine und Sabine 🫶❤️🥰

    • Christine 1. März 2025 at 8:26 Reply

      Ach liebe Heike, DU bist ja süß. Danke.

  • Ingrid 28. Februar 2025 at 14:10 Reply

    wunderbarer Beitrag und tolle Schwester 🙂 Danke für deinen Einblick in dein Familienleben……

    • Christine 28. Februar 2025 at 15:11 Reply

      Sehr gerne, Ingrid, Danke

  • Frank 28. Februar 2025 at 14:01 Reply

    Ihr zwei seid ein tolles Team, macht weiter so und gemeinsam werdet Ihr alles zusammen hinbekommen, dafür sind Geschwister da!

    • Christine 28. Februar 2025 at 15:12 Reply

      Ja, so sehen wir das auch und das ist der Plan.
      Danke Frank.

  • kerstin 28. Februar 2025 at 13:08 Reply

    hallo! wie schön und welch ein glück so eine schwester zu haben. meine hat mich seither abgeschrieben…
    euch alles gute, kerstin

    • Christine 28. Februar 2025 at 15:14 Reply

      Hallo Kerstin, das tut mir leid und ich bin mir sehr bewusst über dieses Schwesterglück. Danke.

  • Peter Lehmann 28. Februar 2025 at 12:10 Reply

    So ein süsses Bild, das definitiv keiner Erklärung bedarf. Und Ihr seid ein halbes Jahrhundert später (jetzt kriege ich wohl Ärger, wenn ich mich verschätzt habe) noch viel hübscher und so eng miteinander verbunden, dass man es sehen und spüren kann. Es ist ein unersetzbares Geschenk für Euch beide.

    Bei mir war und ist es bis heute immer und „nur“ meine liebe Frau, die mich nach der Diagnose aufgefangen und UNSER Leben konstruktiv und immer positiv weitergelebt hat, ohne all zu viel „MS“ zuzulassen. Wir sind nur die Hälfte ohne die Menschen, die uns vorbehaltlos lieben und begleiten. Wünsche Euch beiden ein glückliches Leben und viel viel Miteinander. Dein Umzug hoffentlich in diesem Jahr wird`s richten. Liebe Grüsse, Peter

    • Christine 1. März 2025 at 9:22 Reply

      Lieber Peter,
      ein halbes Jahrhundert hört sich wirklich sehr alt an 😉, ich füge einmal fast ein halbes Jahrhundert davor ein…. 😂😂😂
      Ich bin sehr dankbar, so eine tolle Schwester und Familie zu haben.

      Deine Frau ist ebenso ein Geschenk für DICH. Wir können froh über unsere engsten Begleiter sein, denn nicht jeder MS-Patient hat so ein Glück.
      Liebe Grüße sendet, Deine Christine!

  • Anne 28. Februar 2025 at 7:57 Reply

    Danke für diesen Einblick aus der „anderen“ Perspektive – und es ist sooo schön zu lesen, dass ihr beiden so eng miteinander seid und füreinander da seid! 💛

    Als ich damals im Krankenhaus meine Diagnose bekommen habe, habe ich erst meinen damaligen Mann angerufen und dann meine Mama. In der ersten Zeit war mein Mann viel für mich da, aber einige Jahre später fiel dann der Satz, „Ich habe keine Lust, nach 45 Jahren als Krankenpfleger in Rente zu gehen, nur um mich dann um dich kümmern zu müssen“. – Das saß und war einer der Puzzlesteine, die letztlich zu unserer Trennung führten.

    Vor meiner Mama habe ich lange versucht, die Symptome und Realität der Krankheit zu verbergen und habe nur wenig erzählt, damit sie sich weniger Sorgen macht. Seit das mit dem Laufen und Stehen nicht mehr so doll funktioniert, bekommt sie das aber natürlich mehr mit… und letzten Endes habe ich mir dann ein Herz gefasst und sie gefragt, ob sie mich zu den Terminen im Sanitätshaus begleitet, wo es um die Entscheidung für ein Aktivrollstuhlmodell ging. Hat sie gemacht und ich glaube, die Offenheit fühlt sich für sie auch besser an, als wenn ich sie „rauszuhalten“ versuche.

    Meine beste Freundin habe ich erst einige Jahre nach der Diagnose kennengelernt und sie ist diejenige, die mich am meisten unterstützt, bzw. wir uns gegenseitig – was die eine nicht kann, kriegt die andere irgendwie hin. Dass sie selber schon Krebs hatte und ihr Körper auch nicht zu 100% funktioniert, hat uns zusammengeschweißt. Mittlerweile wohnen wir auch zusammen in einer Patchworkfamilien-WG und das ist das beste, was mir passieren konnte.

    Liebe Grüße
    Anne

    • Christine 1. März 2025 at 9:14 Reply

      Liebe Anne,
      puh, das ist nicht schön zu lesen und tut mir sehr leid.
      Schön, dass du jetzt offen mit der MS umgehst. Das tut dir sicherlich auch gut, denn zusätzlich sich zu verstellen oder zu verstecken ist doppelt anstrengend.
      Ich denke, diese Energiekörner können wir uns sparen.
      Für die neue Patchwork-Situation wünsche ich alles Liebe & Gute!
      Deine Christine!

  • Michael 28. Februar 2025 at 7:52 Reply

    Liebe Christine,
    zu Deiner Schwester Sabine gratuliere ich Dir! Ich finde das ein absolut schönes schwesterliches Statement. Alles Gute Dir und lieben Gruß, Michael

    • Christine 28. Februar 2025 at 9:08 Reply

      Vielen lieben Dank Michael, ich bin so froh, sie zu haben!!!

  • Sabine 28. Februar 2025 at 7:41 Reply

    Liebe Tine – egal was und wie es kommt…. Ich bin an Deiner Seite.
    Deine Bine

    • Christine 28. Februar 2025 at 7:47 Reply

      Liebe Bine,
      DU bist und bleibst die ALLERBESTE!
      HDL Deine Tine

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